Zu einem Schnupperkurs Holzrücken hatte Fuhrmann Volker Schmelz in Zusammenarbeit mit der Interessengemeinschaft Zugpferde (IGZ), Landesverband Hessen, am ersten Adventssamstag nach Nieder-Moos bei Freiensteinau im Vogelsberg eingeladen.
Bei unwirtlichen Wetterbedingungen, Regen und kaltem Wind, hatte sich nur eine kleine Gruppe zusammengefunden: Andrea Deutter mit Sohn Niklas aus Bad Vilbel, Thomas Fritz aus Ulrichstein-Rebgeshain und Sylvia Brehm aus Bebra liesen sich vom ungemütlichen Wetter jedoch nicht die Motivation trüben, sondern zogen ihren Vorteil daraus, denn so kamen sie beim praktischen Teil umso länger in den Genuss, selbst die Leinen in die Hand zu nehmen. Los ging es aber zunächst mit einer kleinen Kennenlernrunde, bei der Volker Schmelz auch einen Überblick gab, zum Holzrücken allgemein, der Situation in Hessen und anderen Bundesländern sowie den Bemühungen der IGZ, beim Holzrücken wieder verstärkt auf Pferde zuzugreifen. Der ursprünglich aufgestellte Zeitplan, der daran anschließend Theorie vorsah, wurde kurzerhand dem Wetter angepasst und die Regenpause am Vormittag genutzt, um vor Ort im Wald die Theorie mit der Praxis zu verbinden. Letztendlich war es auch viel einprägsamer, die richtige Ausrüstung und Unfallverhütung nicht nur theoretisch zu behandeln, sondern anschaulich demonstriert zu bekommen, was warum Sinn macht, was alles passieren kann und was man keinesfalls tun darf.
Zunächst musste die dreizehnjährige Ardennerstute Penny jedoch aufgeschirrt werden und bei dieser Gelegenheit erläuterte Volker Schmelz, dass beim Holzrücken und anderer schwerer Arbeit ein Kummet verwendet werden sollte, dass dies genau passen muss und zudem zur Schonung des Pferdes eine Zugentlastung an den Strängen, beispielsweise durch Federn, nicht fehlen sollte. Auch sei es unabdingbar, ein Holzrückepferd zu beschlagen, denn Äste, Steine und das Klettern über Baumstämme sei eine enorm hohe Belastung für die Hufe. Hinsichtlich des Zuggewichts wies er darauf hin, dass ein Pferd zwar das bis zu 1,2fache seines eigenen Gesichtes ziehen könne, dies aber keinesfalls im Dauereinsatz dürfe. Man müsse sehr darauf bedacht sein, das Pferd nicht zu überlasten und auch dessen individuelle Tagesform berücksichtigen, damit das Pferd den Spaß an der Arbeit nicht verliere. Ausdrücklich unterstrich Volker Schmelz, dass Tierschutz und Gesundheit des Pferdes immer vor gehe. Für den Holzrücker seien stabiles, über den Knöchel reichendes Schuhwerk mit Stahlkappe und rutschfester Sohle, gut sitzende Arbeitshandschuhe, eine feste Hose (Schnittschutzhose) und eine Kopfbedeckung angeraten. Im Hinblick auf die Unfallgefahr sollte nie allein, sondern mindestens zu zweit gearbeitet werden.
Nun stapften die Teilnehmer, angeführt von Volker Schmelz und seiner Penny, bergab durchs Unterholz bis zum ersten zu rückenden Baumstamm. Auch hier gab es zunächst eine einführende Unterweisung und praktische Demonstration, bevor dann der erste Teilnehmer die Leine übernehmen durfte, selbstverständlich in sicherer Begleitung und mit Hilfestellung durch Volker Schmelz. Er zeigte auf, wie der Stamm richtig angehängt wird, wo der Holzrücker dabei stehen muss, wie der ideale Weg gesucht und der Stamm am geschicktesten durch die Bäume manövriert wird. Dabei sollte man darauf achten, das Pferd möglichst keine unnötigen Wege machen zu lassen. Zudem sei es bei der Arbeit mit Kaltblutpferden ganz besonders wichtig, immer ruhig zu bleiben und nicht hektisch zu sein, betonte Schmelz. Die erfahrene Penny ließ sich auch von den unerfahrenen Holzrücke-Frischlingen nicht verunsichern und folgte willig und zuverlässig den Befehlen per Stimme und Leine. Das A und O beim Holzrücken ist die Arbeit mit der Stimme und ein entsprechend gut ausgebildetes Pferd, das sofort auf Kommando stehen bleibt, denn dies kann in einer Gefahrensituation lebenswichtig sein. Damit die Pferde sich die Kommandos gut einprägen, benutzt Volker Schmelz sie auch im täglichen Umgang, im Stall und beim Planwagenfahren.
Zum Abschluss gab der Fuhrmann seinen „Schülern“ noch den Tipp, nicht gleich mit dem Pferd in den Wald zu gehen, wenn man Gefallen am Holzrücken gefunden habe, sondern sich zunächst einen Parcours auf einem Platz aufzubauen und dort möglichst oft und vielseitig vorwärts, rückwärts und in Schlangenlinien den Stamm durch die Hindernisse zu ziehen. Dabei sollte immer eine Rückekette und kein Drahtseil verwendet werden, denn das baut Spannung auf und kann, wenn es reißt, zu lebensgefährlichen Verletzungen führen.
Bei heißer Suppe mit ordentlich viel Fleischwurst darin, fanden sich am Ende alle zu einer Abschlussbesprechung zusammen. Hier gab es noch einmal die Gelegenheit Fragen zu stellen und einige theoretische Aspekte zu erörtern.
Ziel und Zweck dieser Kurse ist, Interessierten die Arbeit mit Kaltblutpferden im Wald näher zu bringen und aufzuzeigen, wie effektiv und naturverträglich das Holzrücken mit Pferden ist. Nicht zuletzt soll auch auf die Arbeit der Interessengemeinschaft Zugpferde aufmerksam gemacht werden, die sich als gemeinnützig anerkannter Verein für die Belange von Zug- und Arbeitspferdehaltern und für den verstärkten Einsatz tierischer Arbeitskraft in allen dafür in Frage kommenden Bereichen einsetzt und Ansprechpartner in allen Bereichen rund um die Zugtierarbeit ist.
(Text/Fotos: Sylvia Kirsten Brehm)
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